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Montag, 28. März 2011

Von Satire und anderem Schabernack


Was Satire darf und was nicht, ist immer strittig. Immer geht es dabei auch um unterschiedliche Auffassungen von Meinungsfreiheit. Der letzte richtig große Krach um satirische Darstellungen fand mit dem „Karikaturenstreit“ im Jahr 2006 statt. Die Debatte um die Mohammed-Karikaturen, die medial und emotional große Wellen schlug, soll hier nicht noch einmal komplett aufgerollt werden. Ein adäquater Bericht über die vielschichtigen globalen Zusammenhänge und die internationalen Ereignisse, die beinahe noch in die Gegenwart wirken, bedürfte nämlich weitaus mehr als nur eines Artikels. Das möchte und kann ich hier nicht leisten.


Ich will aber auf einen wichtigen Punkt hinweisen:

Die Karikaturen haben, abgesehen von allen erdenklichen Positionen zu diesem Thema, eine Diskussion mit globalem Ausmaß entfacht. Dabei hat sich ziemlich schnell die Erkenntnis herausgeschält, dass es kein Schwarz-Weiß und kein „gut oder böse“ gibt, sondern verschiedene Grade von Meinungsfreiheit bestehen, die durch allerhand verschiedene Hintergründe geprägt wurden und dem Diskurs seine jeweilige Struktur gaben.

Die Karikaturen wiederum, bedienten sich der Satire als Hilfsmittel, mit der gemeinhin auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam gemacht wird. Banal, ich weiss, weil Karikatur satirisch ist. Ich betone es trotzdem, denn: Im Endeffekt machten die Urheber mit ihrem Pinsel nicht ihre Karikaturen als Kunst- und Kritikform und auch nicht die fundamentalen Strömungen des Islam zum Thema. Sie gaben den Anstoß dafür, dass über die Grundlage der Satire, über die Meinungsfreiheit an sich, international gesprochen und gestritten wurde.

Auch der Senfblog benutzt dieses Mittel gelegentlich, indem er mit einer pikanten Persiflage oder noch lieber mit einer völlig geschmacklosen Übertreibung liebäugelt, um bestimmte Verfehlungen in der Gesellschaft aufzudecken. Die Satire ist dabei immer subjektiv und ihre Stilmittel kennzeichnen sie im Regelfall selbst als solche. Trotzdem kann Satire missverstanden werden. Einmal deshalb, weil die moralischen Vorstellungen über bestimmte Darstellungen auseinander gehen, oder weil die Satire zu subtil ist, um als Satire erkannt zu werden. Das wirklich mächtige an ihr ist jedoch, dass sie, verstanden oder nicht, immer eine Reaktion beim Adressaten provoziert. Diese Reaktion ist dann quasi der Türöffner für Auseinandersetzung und Kommunikation, nachdem der Fußabtreter vor dem Klingeln so richtig schön beschmutzt wurde. Die Satire zwingt und ringt geradezu um Beachtung. Frei nach dem Motto: „Guck mal her, ich hab deinen Teppich besudelt, haust du mir jetzt aufs Maul oder was?“

Geht es um Meinungsfreiheit, oder um mehr?

Im Fall des „Karikaturenstreits“ hat es laut Medienberichten dann tatsächlich aufs Maul gegeben. In einigen wenigen arabischen Ländern soll es nämlich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen sein. Auch Kurt Westergaard, der böseste aller Karikaturisten (Achtung, Übertreibung!), kann davon ein Liedchen singen.
Dennoch wurde hauptsächlich mit Worten gefochten und hitzig diskutiert, was die Tatsache, dass es zu Gewalt kam, in keiner Weise schmälern soll. Im Verlauf der Debatte verwandelte sich das anfängliche Zinnober um fundamentale Positionen für oder wider die Meinungsfreiheit zu einer Diskussion über das Selbstverständnis der westlichen Medien oder „des Westens“ und seiner moralischen Verantwortung einerseits, wie auch über das Selbstverständnis des Islam auf der anderen Seite. Es ging also um mehr, als nur bloß die Frage der Meinungsfreiheit zu erörtern. Diese war lediglich der Aufhänger oder das Prinzip, anhand dessen der Mensch und seine Rechte im Zentrum verschiedener kultureller und ideeller Einflüsse untersucht wurden. Es entstand also etwas höchst Furchtbares, das die beiden populären Pole „Westen“ und „Islam“ und deren jeweilige Auslegung der Menschenrechte grundsätzlich in Frage stellte. Was die Karikaturen als satirische Kunstform damit anleierten war deshalb kein bloßer Hahnenkampf zwischen den Mächten, es war stattdessen eine Analyse der Machtpositionen.

Was wir momentan in vielen nordafrikanischen Ländern erleben, ist ein Kampf um zunächst sehr eigene Vorstellungen eines freiheitlich lebenden Individuums, welches die totalitären Machtpositionen, die dort seit Jahrhunderten vorherrschen, langsam satt hat. Aber wer weiss schon was die Demonstranten wirklich wollen? Wollen sie Meinungsfreiheit, soziale Absicherung, Wahlen, die ganze Demokratie, oder einfach nur ein wenig Reichtum und Freiheit vom verschwenderischen Leben ihrer Eliten abhaben?

Menschenrechte wie wir sie kennen, sind durch unser eigenes Freiheitsverständnis geprägt. Aber ist dies wirklich mein Freiheitsverständnis, im dem Sinne, dass ich es mir selbst zurecht lege? Wohl kaum. Es ist das Freiheitsverständnis des Westens, Europas, Deutschlands. Zumindest in der Theorie. In der Praxis kennen wir genügend Beispiele, wo uns der Staat in diesen Freiheitsrechten beschneidet, um seinen Streich im gleichen Atemzug mit seinen eigenen Zielen und Bestrebungen nach Sicherheit, Wohlstand und Selbsterhaltung zu rechtfertigen.

Leistung der Satire

Und nun zu meinem Punkt: Ich glaube dass der Karikaturenstreit in seiner medial-globalen Form durchaus in die Kerbe der Menschenrechte geschlagen hat und neben anderen Prozessen (Elitengehabe, Verfolgung politischer Oppositioneller, Zensur, und und und) den Gedanken der Freiheit in irgendeiner Form in den Köpfen vieler Menschen der aktuellen „Revolutionsländer“ genährt hat. Der „Westen“ sollte sich allerdings vor einem Schulterklopfer hüten. Es sind nämlich bestimmt nicht seine Freiheitsrechte, für die die Menschen dort Leib und Leben lassen. Sie kämpfen viel mehr für ein besseres Leben. Was das ist und wie es sich lebt, werden die weiteren Entwicklungen zeigen. Der große Beitrag der Satire ist dabei vielleicht nur eine Nuance, aber er hat meiner Meinung nach, neben vielen anderen Ereignissen und Diskussionen dazu beigetragen, dass die Leute für etwas Besseres, für ihre eigenen Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit, auf die Straße gehen.

So, und jetzt kommt einfach mal ein Bruch. Denn ich wollte ursprünglich einen Text über die „heute-show“ schreiben. Obwohl sie im relativ lahmen Greisensender ZDF läuft, hat sie doch einen gewissen Charme. Sie ist vielleicht nicht so pikant und „auf die Fresse“ wie die Daily Show aus den USA. Und doch bringt sie mich zum schmunzeln. Weil dank Martin Sonneborn und Konsorten diverse deutsche Bruchbuden und deren Vorleger mit gutem Witz besudelt werden. Hier wird zum Beispiel dem eigenen Heimatsender der Stock aus dem Arsch gezogen:



Und hier wird die NPD lächerlich gemacht:



Und hier die Anhänger des zu Guttenbergs, dem Messias, bei dem jetzt zur Osterzeit möglicherweise die Auferstehungsglocken läuten:



Ich komme nicht umhin, noch ein wenig weiter in der Wunde Guttenberg zu bohren und zitiere die Satirezeitschrift Titanic (Ausgabe Nr. 4, April 2011):

„Kaum hatte die böse, besserwisserische Wissenschaft Sie aus dem Amt geekelt, wurden auch schon Stimmen laut, die Ihr Comeback in die Politik forderten oder gar prophezeiten. Daher hier eine kleine Frage: Gibt es bereits einen Termin für Ihre öffentliche Wiederauferstehung? Falls nein: Bietet sich angesichts der religiösen Orientierung Ihrer Fangemeinde dafür nicht das kommende Osterfest an? Aber seien Sie gewarnt: Wie schnell rutscht einem bei einer solchen Gelegenheit ein Spruch wie „Ich bin das Licht, die Wahrheit und das Leben“ hinaus – und dann laufen plötzlich die exakten Wissenschaften Sturm, alle Welt will Ihre Wundmale sehen, und wenn Sie nicht pünktlich zu Himmelfahrt wieder verschwunden sind, glaubt Ihnen kein Mensch mehr was. Wär doch zu schade! Titanic“

Soweit. So gut. Licht aus, Spott an!

1 Kommentar:

  1. Das darf doch nicht wahr sein. Also man sollte die Karikatur jetzt wiklich raus nehmen... versteht ihr denn nicht, die Karikatur ist eine schrifliche oder gezeichnete Beleidigung und dass es immernoch im Internet zu finden ist zeigt, dass mann NULL Achtung vor andere Religionen hat.

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