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Freitag, 7. Januar 2011

Wasche, wasche Geld - im Namen des Herrn!

„Vatikan will nicht mehr Schurkenstaat sein“ titelt die taz vom 1./2. Januar 2011. Papst Benedikt XVI plant die Einsetzung einer Aufsichtsbehörde für das Istituto per le Opere di Religione (IOR), besser bekannt unter dem Namen Vatikanbank. Mit Geldwäsche kennt sich die Kurie bestens aus und nun soll also das Image des hauseigenen Zockerinstituts reingewaschen werden. Dazu sollen zwei Maßnahmen dienen: Zum einen die Einrichtung der Finanzmarktaufsicht (natürlich intern, versteht sich) und zweitens eine Regelung „zur Vorbeugung und Bekämpfung des Recycling von aus kriminellen Aktivitäten stammenden Profiten und der Finanzierung des Terrorismus“, die nach EU-Finanzrichtlinien zum Beispiel Kontoinhaber des IOR identifizierbar machen soll (taz, 1./2.01.11, S.2).

Recycling statt Geldwäsche ist zwar schnuckelig, erwirkt jedoch keine mildernden Umstände. Im Gegenteil. Wortlaut und Zeitpunkt der Verkündung deuten erstens auf eine gemütliche Trittbrettfahrt zur Verbesserung des Ansehens der Vatikanbank als eine Bank unter vielen hin. Das ist sie aber nicht. Sie gehört zum Heiligen Stuhl. Zur Katholischen Kirche der Nächstenliebe. Weiterhin zeugt eine hauseigene Aufsichtsinstanz von doch eher halbherzigem Engagement, oder konkret: Der Vatikan schmiert und wäscht offenbar fröhlich weiter. Das Schlimme daran ist nicht nur die Unantastbarkeit des Vatikans als letzte „Heilige Insel“ und der Vatikanbank, die seit jeher unkontrolliert wirtschaftet, sondern vor allem die Arroganz mit der die ursprüngliche „Kirche der Armen“ dieses Thema in der Öffentlichkeit behandelt und die Welt und gute Christen mit einer guten Kelle Schall und Weihrauch zum Narren hält.

Der 33-Tage-Papst

Wir Reisen ins Jahr 1978. Albino Luciani wird überraschend zum Papst gewählt. Ganz anders als seine reaktionären Vorgänger will der „Papst des Lächelns“ für einen Ruck in der Katholischen Kirche sorgen. Er möchte das Kirchenschiff wieder in seinen ursprünglichen Hafen steuern und das heißt: Netze einholen und alle Zocker über Bord! Luciani selbst kommt aus äußerst armen Verhältnissen und verbingt seine Kindheit in Norditalien, wo er bereits mit 11 Jahren in einem Knabenseminar auf seine Priesterweihe vorbereitet wird. Früh verfasst er Briefe an etablierte Bischöfe und sogar an den Papst. Er kann gut schreiben. Und besonders gut kritisieren. Luciani hält nie viel von Prunk und Protz und der verschwenderischen und selbstverherrlichenden Attitüde der höchsten Ämter. Selbst als Patriarch von Venedig lebt er, soweit es ihm möglich ist, in bescheidenen Verhältnissen. Als ihn die Kurie zum Oberhaupt der Katholischen Kirche beruft, pfeifft Luciani auf den Kniefall der Schweizer Garde, wird zum ersten Papst der selbst ein Telefon bedient und räumt insgesamt mit vielen Gepflogenheiten seines Amtes auf. Nach 33 Tagen hört Albino Luciani auf zu lächeln. Er wird tot in seinem Bett aufgefunden. Seine Leiche wird nie obduziert. Kirchliches bricht weltliches Recht: Der tote Papst darf nicht aufgeschnitten werden. Einen spannenden Bericht über Albino Lucianis Leben und seinen Tod liefert David A. Yallop in seinem Buch „Im Namen Gottes?“ Etliche Interviews, brisante Hinweise und haarsträubende Verstrickungen deuten auf einen doch nicht ganz sauberen Tod, respektive Mord am 33-Tage-Papst hin. Eine verschwörerische Spekulation? Nutznießer gab es zuhauf und die Kirche begnügt sich bis heute mit Stillschweigen zu den Vorwürfen…

Paul Marcinkus und Roberto Calvi

Roberto Calvi


Paul Marcinkus


Luciani war nun gänzlich weg vom Kirchenfenster. Ein neuer Heiliger Vater beglotzte fortan die Kuppel im Petersdom. Einer von vielen mit Geltungsdrang und Gier. Eigentlich nicht der Rede wert. In jedem Fall wurden die Reformvorhaben des toten Papstes eingestellt. In diesem Zuge auch alle Pläne zur Umstrukturierung des IOR und sämtliche Personaländerungen. Großes persönliches Glück für Paul Casimir Marcinkus. Dieser war katholischer Erzbischof und von 1971 bis 1989 Direktor der Vatikanbank. Sein Name stand - vorausgesetzt man glaubt den Nachforschungen von David A. Yallop - auf der Abschussliste von Albino Luciani. Eng mit Marcinkus in Verbindung stand ein Mann namens Roberto Calvi. Verbindungen zur Mafia, der Freimaurer-Loge P2 (Propaganda Due) und besonders dicke Bande zum Vatikan machten den Banker Calvi zum „Bankier Gottes“, der gemeinsam mit Marcinkus lustig Geld hin- und herschob, ab und an Militärs in Lateinamerika finanzierte und mit dem geweihten Zaster der antikommunistischen Solidarnosc in Polen unter die Arme griff. Außerdem wurden Milliarden in Offshore-Paradiese der Karibik geschippert und von dort aus in hochspekulative Geschäfte investiert. Allerdings: Wer zockt, der verliert auch mal. Ob Gottes Zorn oder einfach nur Pech, sei dahingestellt: 1981 fährt Calvis Bank, die Banco Ambrosiano eine Milliardenschlappe ein. Und wer steckt mit drin? Das IOR und Marcinkus, im Namen des Herrn. Bürgschaften im Wert von über einer Milliarde an Calvi und ein paar verdächtige Transaktionen später, sehen sich beide Gentlemen mit einem Haftbefehl der italienischen Justiz konfrontiert. Während Calvi kurze Zeit danach am Strick an einer Londoner Themse-Brücke baumelt, wird Paul Marcinkus, der Chef der Vatikanbank für immun erklärt. Kein Prozess, keine Verurteilung, lediglich eine Zahlung von 400 Millionen Dollar vom Vatikan an Calvis Gläubiger schließt dieses Kapitel. Naja nicht ganz, denn Paul Marcinkus bleibt ja noch ein paar Jahre im Amt.

Papstkleid bleibt Papstkleid

Wir betrachten die frohe Kunde von Papst Benedikt XVI im Jahr 2011: Transparent und kontrolliert soll es nun zugehen. Der neue Strippenzieher und Kopf der Vatikanbank heißt Ettore Gotti Tedeschi. Erst vor wenigen Monaten beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Rom 23 Millionen Euro der Vatikanbank. Abermals steht der IOR-Präsident unter Generalverdacht und bekommt prompt ein Ermittlungsverfahren angehängt (taz, 1./2.01.11, S.2). Das Istituto per le Opere di Religione (IOR) heißt übersetzt „Institut für religiöse Werke“. Ein zynischer Brocken für die Anhänger der katholischen Kirche.

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