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Sonntag, 17. Oktober 2010

Social Business - die Zukunft des Wirtschaftens?

Das Konzept des Social Entrepreneurships oder auch Social Business genannt, geistert schon seit langem durch das Internet, füllt zahlreiche Blogs, lässt neue entstehen und wurde bisher fast ausschliesslich im Rahmen des noch freien Internets und in universitären Kreisen gefeiert. Mit "enorm - Wirtschaft für den Menschen" hat die Idee nun ihren ersten Unterstützer im Printbereich bekommen und macht sich fortan immer mehr im deutschsprachigen Raum breit.

Zahlreiche junge Start-Ups die in den letzten Jahren, und das ist sehr erfreulich, wie Pilze aus dem Boden spriessen, haben Social Business zu ihrer Philosophie gemacht und erkennen darin eine Chance, unabhängig von staatlicher Förderung Fortschritt und "Empowerment" zu generieren. Social Business meint im Grunde nicht mehr als gesellschaftliches und soziales Unternehmertum. Also: keine Brieftaschenwirtschaft sondern Reinvestition der Gewinne und im selben Moment Gutes tun. Klingt zwar gut, ist auch so!

Das Konzept ist denkbar einfach und ist mindestens so genial und vorhersagbar wie die Erkenntnis, dass die Erde keine Scheibe ist. Bereits 1983 gründete Muhammad Yunus in Bangladesh die Grameen-Bank, ein Finanzinstitut, dass Mikrokredite in erster Linie für Frauen in ländlichen Gebieten bereitstellt. Der Erfolg spricht für sich: Mittlerweile wird das System der Mikrokredite in über 60 sogenannten Entwicklungsländern angewandt und die Rückzahlungsquote liegt bei nahezu 100%. Durch Grameen werden besonders Frauen bei ihren ersten Schritten in die wirtschaftliche Selbständigkeit unterstützt. Sie finanzieren sich zum Beispiel einfache Handwerksgeschäfte oder bieten Dienstleistungen an, mit dem Ziel, ihr Geschäft irgendwann selbsttragend zu führen. Wie die Bank im Einzelnen aufgestellt ist und arbeitet, angefangen von den Besitzstrukturen bis zu den Mitarbeitern, ist anfällig für Kritik und zweifelsohne auch verbesserungswürdig, es soll an dieser Stelle jedoch ausschliesslich um die Idee gehen, relativ unabhängig von stattlichen Interessen, einigen Menschen zu einem besseren Leben zu verhelfen. Yunus erläuter Social Business noch einmal in Bild und Ton:


Ich will in den nächsten paar Absätzen auf einige Beispiele eingehen, die in den letzten Jahren meine Aufmerksamkeit geweckt haben und dem Leser ein genaueres Bild von der Vielfältigkeit und vom Potenzial des Sozialen Unternehmertums vermitteln. Nehmen wir zum Beispiel die Eltern-AG. Im Jahr 2004 gegründet, kümmert sich diese Instutution um sozial schwache Familien aus der sogenannten "bildungsfernen Schicht". Sie ist eine Mischform aus Elternschule und Selbsthilfe. Die Eltern sollen durch Kurse und Seminare dazu befähigt werden, ihre Kinder zu Hause zu fördern um ihnen höhere Bildungs- und Berufschancen zu eröffnen. Die Eltern-AG schliesst die Lücke, die allein durch die Strukturen der staatlichen Behörden entstehen. Diese sind oftmals nicht in der Lage, gezielt auf Familien zuzugehen und dort anzusetzen wo es wirklich harpert. Von Elternseite besteht eine gewisse Abneigung und Angst vor den staatlichen Stellen, was den Angestellten von Jugendämtern und ähnlichen Einrichtungen eine fruchtbare Arbeit oftmals unmöglich macht. Ganz anders verhält es sich laut Gründer Meinrad Armbruster mit den Erfolgen seiner Mitarbeiter, den sogenannten Mentoren der Eltern-AG. Durch ihre pädagogisch-psychologische Schulung haben sie gelernt, wie man über das Umfeld wie Sportvereine, Schulen und Kindergärten, Hilfe benötigende Familien ausfindig macht und Schritt für Schritt Kontakt und Vertrauen zu den Elternteilen herstellt. Auch das Konzept der Eltern-AG hat gute Zahlen vorzuweisen: Von 2004 bis 2009 wurden in dem Programm 77 Mentoren ausgebildet, die mit ihrer Arbeit 670 Eltern und rund 1300 Kinder erreichten. Durch die finanzielle Unterstützung von Ashoka, einer internationalen Organisation zu Unterstützung von Social Business-Projekten, hat die Eltern-AG die Ambition zu expandieren und bietet bereits in mehreren Bundesländern Mentorenschulungen an.

Einen ganz anderen Weg beschreiten Robert Symington und Dominic Jackman. Die beiden Mitte-20-Jährigen hatten bis vor einigen Jahren einen heiss begehrten Platz in der Londoner "City". Finanzkessel mit Sitz der Unternehmen "Ernest & Young" oder der Rating-Agentur "Standard & Poor´s" und natürlich Garten Eden für viele junge, motovierte und ehrgeizige Uni-Absolventen. Symington stieg direkt nach seiner Ausbildung an der Universität bei "Ernest & Young" ein, einer der Global Player unter den Unternehmensberatungen, und hatte dort vor allem eines: ein mörderisch hohes Gehalt. An allem anderen was ich für erstrebenswert definiere, fehlte es jedoch: Freizeit und vor allem Zeit und die Möglichkeit zur individuellen Entfaltung. Die Devise war möglichst viele Power-Point-Präsentationen zu erstellen, zwölf Stunden Tage einlegen, Überstunden machen und auf den Urlaub und die Wochenenden hinarbeiten. Es ist Montag - und das ganze beginnt wieder von vorne. Nach einiger Zeit, nachdem Symingtons anfänglicher Enthusiasmus durch die Eintönigkeit seiner Arbeit verdrängt wurde, startete er ein Blog mit dem Namen "Escape-Diary". Sein Tagebuch stiess auf grosse Resonanz und schnell zeigte sich, dass viele Gleichgesinnte "Cityaner" genauso dachten wie er: raus kommen, irgendwas nützliches machen und endlich leben können. Symington schnappte sich seinen Bekannten Dominic Jackman und gründete kurzerhand die Organisation Escape The City. Das Netzwerk stellt Kontakt zu NGO´s und Sozialen Unternehmern her und vermittelt diesen junge, gut gebildete Ex-Banker, -Spekulanten,-Anwälte und Berater, die ihrem Leben einen neuen Sinn geben möchten und sich von der ausbeuterischen Vampir-Mentalität der Großunternehmen lossagen wollen.

Ich hätte gut und gerne Lust noch anderen Beispiele für soziale, unternehmerische Ideen anzuführen doch leider fehlt mir die Zeit und ich denke das würde den Rahmen hier sprengen. Ein letztes Fazit soll deshalb genügen. Ich habe die "Eltern-AG" und "Escape The City" aus einem riesigen Pool von Organisationen und Unternehmen herausgepickt und wollte zwei sehr Unterschiedliche Herangehensweisen erläutern, die sich jedoch in ihrem Kern und ihrer Grundidee sehr ähnlich sind. Beide Organisationen sind mehr oder weniger vor unserer Haustüre zu finden. Sehr interessant sind außerdem die Ansätze, die sich in den Ländern des Südens etablieren konnten. Für Interessierte gibt´s hier den Amazon-Link zu einem spannenden Buch über Social Business-Initiativen. Ein großes Problem, welches aber auch Motor und Vorteil von Social Business ist, wird in diesem Buch besonders deutlich: Vielen Ideen stehen alte wirtschaftliche und politische Strukturen im Weg, die sich nur schwer aufbrechen lassen. Den Gedanke, sich vom Profitstreben zu verabschieden und nach einer neuen Befriedigung zu suchen, sucht man in den Köpfen der Global Player und ihren angegliederten Institutionen, ebenfalls in der Politik, vergebens. Social Business ist also bis dato noch mehr oder weniger "grassroot", hat allerdings dadurch den Vorteil, lebensnahe Probleme erkennen und bekämpfen zu können. Möge die verkrustete Oberfläche von untern aufweichen, auf dass unsere Welt zu einem fetten, Friede, Freude, Eierkuchen wird. Oder so.

5 Kommentare:

  1. Das klingt alles höchst interessant, aber wenn ich deine Beispiele und Muhammad Yunus richtig verstanden habe, gibt es ausser Spenden kein richtiges Finanzierungssystem. Yunus sprach meines erachtens von "non-profit", dazu gibt es unter http://www.thevenusproject.com/ auch ein interessantes Modell, das allerdings nicht nur einen Paradigmen- sondern einen kompletten Wechsel des Wirtschaftssystems fordert. Wo lassen sich deine Beispiele jetzt einordnen?

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  2. Die Finanzierung der Organisationen ist sehr individuell, das geht eben von reiner Spendenfinanzierung (oftmals über Institutionen wie Ashoka) bis zur Eigenfinanzierung durch die eigenen Gewinne. Das ist, wie beim Bespiel Eltern-AG angemerkt, im Grunde immer das Ziel jeder Initiative. Richtig ist dass die meisten Unternehmungen bei non-profit stehenbleiben weil die Wirtschaftsweise von vornherein nicht auf Überschuss und Anhäufung von Eigenkapital angelegt ist. Völlig auf eigenen Beinen zu stehen ist deshalb oft nicht drin, daran wird aber gearbeitet. Das ganze bleibt deshalb schwierig einzuordnen, weil man mit bewährten betriebswirtschaftlichen Mitteln neue Ziele definiert und erreichen möchte und es sich im Prinzip um eine Mischform und kein grundlegend "neues" Wirtschaften handelt. Social Business steckt meiner Ansicht nach noch in den Kinderschuhen und wird sich schon allein aufgrund seiner kurzen Entwicklung schwer in ein Wirtschaftssystem einordnen lassen, welches eine beachtliche Geschichte vorzuweisen hat.

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  3. Verstehe, danke für die schnelle Antwort!

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  4. Wenn euch Social Business interessiert, empfehle ich folgende Website:
    http://www.myoocreate.com/

    Sie ist Teil des Netzwerkes um Umweltaktivist David Mayer de Rothschild und beeinhaltet einen Ideenwettbewerb für mittelständische Unternehmen, die (größtenteils non-profit arbeiten und) ökologisch-sozial verträgliche/hilfreiche/innovative Produkte und Strategien vertreiben. =) Hab da schon stundenlang rumgeklickt. Viel Spaß

    Grüßchen

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  5. siehe auch

    http://senf-blog.blogspot.com/p/watchlist.html

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