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Mittwoch, 6. April 2011

Die Tradition der Unvernunft

Kann Gott einen quadratischen Kreis schaffen? Schließlich ist doch immer die Rede von göttlicher Allmacht. Thomas von Aquin zufolge wäre die Unfähigkeit Gottes einen quadratischen Kreis zu schaffen, keinesfalls eine Einschränkung seiner Allmacht. Laut seiner ‘Natürlichen Theologie‘ ist Gottes Existenz und somit seine Macht im Bereich der Vernunft und des logisch Möglichen zu finden. Doch kann man einen christlichen Schöpfergott in den Bereich des logisch Möglichen einordnen?

Betrachten wir das erste Buch Mose, die Genesis. Dort ist von der 'creatio ex nihilo' (Schöpfung aus dem Nichts oder nicht Seiendem) die Rede. Die 'creatio ex nihilo' setzt einen Gott voraus, der nicht durch die Grenzen der Logik eingeschränkt wird, denn aus dem nicht Seienden etwas Seiendes zu schaffen ist schlicht und einfach nicht vorstellbar.  Durch diese Tatsache wird Gott bereits Vernunft übersteigende Allmacht zugesprochen, was das Gedankenexperiment ins Leere laufen lässt.

Möglicherweise liegt das Problem des quadratischen Kreises auch ganz woanders. Es wäre Unsinn von einem allmächtigen Gott auszugehen, der nur eine oder wenige Sprachen versteht. In seiner Allmacht und Allwissenheit wird Gott selbst wohl auch keine irdische Sprache gebrauchen, da alle Sprachen gemäß ihrer individuellen, kulturellen Entwicklung ungenau und unvollständig sind. Eine solche göttliche, demnach perfekte Sprache, würde paradoxe Ungereimtheiten wie quadratische Kreise womöglich gar nicht erst beinhalten. Somit wäre der Fehler wieder beim Menschen zu suchen und daher Teil seiner Unvollkommenheit.

Allerdings setzen diese Gedankengänge Gott als den allmächtigen Ursprung alles Seienden voraus. Wenn er wirklich alles Seiende geschaffen hat, dann hat er auch die Logik geschaffen. Was wiederum bedeuten würde, dass er ebenso gut etwas Unlogisches wie einen quadratischen Kreis schaffen könnte. Sollte man dies an dieser Stelle verneinen, so würde man eingestehen, dass Gott nicht der Ursprung sei, sondern die Logik, oder dass sie zumindest gemeinsam entstanden sind und Gott ihr unterliegt. Das würde allerdings dem Begriff der Allmacht widersprechen, sofern dieser Begriff auch das Unlogische und Paradoxe umfasst. Da der Begriff der Allmacht aber wieder nur vom Menschen in seiner eingeschränkten, ungenauen Sprache geformt und gedeutet wird, ist auch diese Überlegung hinfällig.

Wenn sich nun die Rechtfertigung des klassischen Gottglaubens auf seine letzte Bastion, die intellektuelle Beschränktheit des menschlichen Geistes und der Ablehnung von Vernunft bzw. der Gleichsetzung von Irrationalität und Göttlichkeit, zurückzieht, wird es schwer weitere Argumente zu finden. Dies ist allerdings kein gewiefter Schachzug eines gläubigen Diskussionspartners, da er sich durch diesen Schritt von der Vernunft selbst verabschiedet und somit eine weitere Auseinandersetzung mit dem  Sachverhalt unmöglich macht. Es ist ein Totschlag-Argument zu behaupten, wir besäßen nicht den Intellekt Gott zu begreifen, da an diesem Punkt jede weitere Überlegung endet.

Das Gedankenexperiment zeigt letztendlich, dass eine Gottesdarstellung, die auf Rationalität beruht, schwer haltbar ist, wohingegen die Legitimation einer auf Irrationalität beruhenden Gottesdarstellung in ihrer Definition begründet ist. Eine solche Gottesdefinition ist mit vernünftigen Argumenten weder be- noch widerlegbar, da sie sich Verstand überschreitenden Charakter zuschreibt. Somit hebelt sie die Logik, die für uns den kleinsten gemeinsamen Nenner für eine Argumentation darstellt, aus. Mit dieser Tatsache stellt sie sich selber außer Frage und unterbindet jeden weiteren Diskurs.

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