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Freitag, 10. September 2010

Nate57 oder: "Warum Hamburg wieder back ist"

Nate57, mit seinem Boxerschnitt, der Bauchtasche und dem Kapuzenpullover wirkt er geradezu unscheinbar in der heutigen deutschen Hip-Hop-Landschaft. Unscheinbar auch sein erstes Video "Blaulicht" - schneller Schnittwechsel, posierende Leute in zwielichtigen Gassen, Unterschichtenglorifizierung. Doch es dauerte bereits einige Zeit, bis ich überhaupt gewillt war, mir dieses Video anzusehen. Zu groß war die Menge an geklonten Gangster-Rappern, die mit letztem Schwung auf der Aggro-Welle mitsurfen wollten, als diese schon längst verebbt war. Der Bedarf an Strassenattitüde ist getilgt.

Ist er das?

Nicht, wenn man es richtig macht, wenn man außer überzogenem Eigenlob noch etwas zu sagen hat, eine neue Zutat hinzufügt. Bei Nate heißt diese Zutat Politik. Er geht einen Schritt weiter als viele andere Rapper und lässt den Hörer seine politische Überzeugung deutlich spüren.



Gegen Nazis zu sein ist eine Sache, ein gesellschaftlicher Konsens, auf den man sich gerne mal Zwecks Imagegründen oder Verkaufszahlensteigerung berufen kann. Es ist eine politische Aussage, die relativ risikofrei durch die gesellschaftliche Bank weg akzeptiert und gut geheißen wird und ist damit schon fast wieder unpolitisch, zumindest im Bezug auf den etablierten Parteienkader. Nate geht weiter. Kapitalismus- und Systemkritik zählen zu den wichtigsten Themen seiner Musik. Kritisch reflektiert er über das sowohl fremdbestimmte als auch selbstgeformte Außenbild migrantisch stämmiger Jugendlicher. Er bedient in gewohnter Battle-Manier auch die Aggressionen, die die Ungerechtigkeiten des Lebens mit sich bringen, gibt ihnen durch den politischen Touch aber auch einen Sinn, ein Ziel und driftet somit nicht in eine konfuse "Ich stech dich ab"-Mentalität ab.

Nate57 zeigt zwar nicht als erster, dafür aber überzeugend und authentisch, dass man für Conscious Rap zwar einen Finger braucht, allerdings nicht zwangsläufig den Zeige-, sondern viel mehr den Mittelfinger und dieser kommt erfrischender Weise mal aus Hamburg.

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