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Donnerstag, 22. April 2010

Einkaufsverkehr

Es ist ein ganz alltägliches Szenario:

Man hat viele Dinge zu erledigen, unter Anderem den obligatorischen Wocheneinkauf. Schuhe an, Schlüssel und Potte nicht vergessen und dann ab ins Getümmel, durch die Straßen der Innenstadt, hin zum heimischen Verköstigungsfachhandel, gemeinhin als Supermarkt bekannt. Gedanklich noch oder schon bei der sich auf dem Schreibtisch stapelnden Arbeit oder auch bei der gediegenen Abendplanung, schlängelt man sich stets umsichtig, auf den Fußgänger Verkehr achtend durch eine ebenso aufmerksame Menge von Passanten. Stopp! Ist dem so? Nun Ja, ich hatte es als Großstadtbewohner so gelernt, wurde aber mit meinem Umzug in das Landeshauptdorf Thüringens eines Besseren belehrt.


Der Thüringer selbst spricht von der "Stadt" Erfurt, doch anstelle organisierter Stadtmenschen trifft man hier eher auf eine Menge völlig desorientierter Scheuklappenträger. Wie ein Hochleistungsschwimmer auf Rekordkurs versucht man einer übermächtig erscheinenden Anzahl treibender Fässer auszuweichen und sich so slalomartig, Meter für Meter dem Eingang des Einkaufszentrums zu nähern. Nicht selten passiert es dabei auch, dass einem gewisse Personen, trotz lange zuvor aufgebautem Blickkontakt, scheinbar extra den Weg versperren oder in organisierten Gruppen nebeneinander schlendernd jedes Vorbeikommen verhindern.
Ist der Weg zu den Toren des Konsumpalastes dennoch gemeistert, erwartet einen die nächste perfide durchdachte Sabotageaktion der Erfurter Bummelbrigade. So wird das, neben dem sich anscheinend im Zeitlupentempo bewegenden Fahrstuhl, einzige Mittel zum Etagenwechsel, die Rolltreppe, systematisch blockiert. Zu meiner stadtverkehrsbedingten Früherziehung gehörte schon immer der Spruch "Rechts stehen, links gehen!", welcher selbstverständlich auf das umsichtig gestimmte Sozialverhalten auf Rolltreppen gemünzt war, schließlich kann es immer sein, dass jemand auf einer Rolltreppe keine Gehpause einlegen möchte, da er es eventuell eilig hat. In Erfurt hingegen ähnelt das Rolltreppenfahren eher einer Gondelfahrt. Manch einer ist von den Ausmaßen dieses doch sehr kleinen Kaufhauses so hin und weg, dass er völlig vergisst auf seine Umgebung zu achten, sich mit beiden Händen reflexartig an beiden Seiten des Rollgeländers festhält, um nicht in den Weiten der einladenden Kaufangebote unterzugehen. So krallen sich seine Hände in die seitlichen Laufbänder des Transportapparats, um zu verhindern von der Anziehungskraft heruntergesetzter Karojacken oder den Angeboten des hauseigenen Haarverunstalters in den Konsumkosmos dieser provinziellen Verkaufshalle gezogen zu werden. Doch dem Kleinstädter sei verziehen, sofern man für ein freundliches "Entschuldigung, darf ich mal bitte durch?" nicht ein stupides "Nö, warum denn?" zurück bekommt.

Schild an der Rolltreppe "Mehringdamm" der Berliner Ubahn-Linie U7/U6 mit der Aufschrift: "[...] Rechts stehen, links überholen"

Nein, wirklich schlimm wird es erst, wenn diese Personen am Ende der Rolltreppe stehen bleiben, um sich zu orientieren und man ihnen erst in die Hacken fahren muss, damit ihre Nervenbahnen, überrascht über den unerwarteten Zusammenstoß, das Signal zum Verlassen des Ankunftsbereichs dieses sich stetig weiterbewegenden Wundergeräts senden. Ähnliches spielt sich auch vor dem Betreten der Rolltreppe ab, in deren Vorhof sich des Öfteren eine Zusammenkunft mehrer Personen darin erprobt eine lückenlose menschliche Mauer zu bilden. Vielleicht liegt es an dem besonderen Bezug der Ostdeutschen Bevölkerung zu Mauern, aber diese Annahme wäre wohl nicht sehr taktvoll. Vielmehr sehe ich nun dem zu blockierenden NPD-Aufmarsch am 1. Mai hier in Erfurt wesentlich gelassener entgegen, da die täglichen Trockenübungen der Erfurter ja bereits Früchte tragen.

In diesem Sinne,

Viva la Antifascista

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