... „Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!“
- Demo in Erfurt. Es ist der 23.11.2010 und es liegt noch kein Schnee! Perfekte Bedingungen für einen demonstrativen Demotag im Freien. Dachte ich.
Im Großen und Ganzen knüpfte die Demo an diverse Strassenversammeleien während des Bildungsstreiks 09/10 an. Wieder einmal sollen Hochschulgelder gekürzt werden, diesmal dreht es sich um 30 Millionen Euro Einspaarungskosten an Thüringer Hochschulen, und wieder einmal passt uns Studenten das gar nicht in den Kram. Daher: Protest!
Soweit, so gut, die zukunftsfremde Einspaarungspolitik im Bildungssektor und der halbherzige Rechtfertigungspopulismus in Form einer minimalen Bafögsatzerhöhung sagt mir auch nicht zu, allerdings sollte man die Art des studentischen „Widerstands“ noch einmal kräftig überdenken.
Bereits zu Beginn der Veranstaltung wurden von Ordnern und Organisatoren der Demo massenweise Trillerpfeifen ausgeteilt, der Lärmpegel stieg unmittelbar an. Der Lautsprecherbus war spätestens mit dem losstiefeln auf der geplanten Demonstrationsroute nicht mehr zu sehen geschweige denn zu hören. Sprachchöre wurden zwar vereinzelt versucht, gingen aber sofort im gewaltigen Kollektivtinitusgetrillere unter. Letztendlich war permanentes Trommelfellschützen angesagt. Wenn man überhaupt dazu kam einen Gedanken zu fassen, dann war es einer wie: „Warum hat der Typ da vorne dicke Kopfhörer auf (anscheinend zum Lärmschutz, die Idee kam mir auch schon) und bläst trotzdem unbehelligt mit voller Kraft in seinen Pfeifapparat (anscheinend aus ... Langeweile? Unüberlegtheit? Dazugehörigkeitsbedürfnis?)“. All dies war zwar sehr anstrengend (ich betone: SEHR!), aber unter Demoverhältnissen noch vertretbar, auch wenn vorbeigehende Passanten nur den Kopf schüttelten (was mit zwei Fingern in den Ohren recht amüsant aussieht). Mein entscheidender Kritikpunkt bezieht sich auf die Abschlusskundgebung vor dem Thüringer Landtagsgebäude. Kultusminister Christoph Matschie begab sich erwartungsgemäß nach draußen, um vor der versammelten Studentenschaft zu sprechen und Rechenschaft abzulegen (?). Hier ist das Problem, ich konnte den Guten einfach nicht verstehen (akustisch), egal an welchem Punkt der Meute ich mich platzierte. Die Meisten konnten das nicht, wollten es aber auch nicht. „Ist doch egal was der labert, ändert doch eh nichts.“, entgegnete man mir, kurz bevor wieder zum Buhen angestimmt wurde, ein frisches Ritual, welches sich immer in Matschies Redepausen vollzog. Das führte zu absurden Situation, wenn auf der Rednertribüne etwas positives (für uns Studenten) geäußert wurde, die Studenten in unmittelbarer Nähe fröhlich klatschten, diejenigen weiter hinten hingegen lautstark buhten. Ein alles in Allem eher unwürdiges Spektakel spielte sich dort vor meinen Augen ab. Unwürdig für eine aufgeklärte Studentenschaft, welche den Mangel an Kommunikationsbereitschaft seitens der Politik doch immer anprangert und unwürdig für einen politischen Verlautbarungsversuch, der Gehör finden will, an sich, denn wenn ich schon so was hören muss, dann geh ich doch lieber zum Fußball.
Ach ja; sagte ich schon Trillerpfeifen?
Eine kleine Kostprobe des riesigen Kindergeburtstags gibt es hier:
und hier:
Für das autentische Feeling In-Ear-Kopfhörer auf voller Lautstärke benutzen.
trillerpfeifen sind die vuvuzelas der demos
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